WEB POSTER EXHIBITION    6 + 6 posters from Taiwan and Germany in Taipei


Exhibition poster by Jianping He, Germany
6+6 Deutsche und Taiwanesische Plakate in Taipeh

16.Mai - 15. Juni 2009
National Chiang Kai-shek Memorial Hall, Taipeh, Taiwan

Taiwan

Leslie Chan
Jun-Liang Chen
Apex Lin
Hong-Jer Lin
Leo Lin
Ming-Lung Yu

Deutschland

Guenter Karl Bose
Jianping He
Fons Hickmann
Uwe Loesch
Gerwin Schmidt
Henning Wagenbreth



Konzept: Ming-Lung Yu
Kurator Taiwan: Ming-Lung Yu
Kurator Deutschland: Jianping He
Projektmanagement: Leo Lin
Ausstellungsgestaltung: Leslie Chan
Editor & Gestaltung: Jianping He
Texte: Apex Lin, Uwe Loesch


Exhibition poster by Leslie Chan, Taiwan












Weltbuehne Plakat. Oder alles Theater?

Plakate sind Blaetter, die die Welt deuten. Aber sind sie wirklich bedeutend? Und ist die universale Sprache der Musik nicht unsere eigentliche Muttersprache? Auf ein neues Tamtam einer "Symphonie aus der Neuen Welt" 1 sollten wir nicht hoffen. Laengst geben die "Global Player" den Ton an, was nicht nur zu einer weltweiten Identitaetskrise der Wirtschaftssysteme gefuehrt, sondern auch die Kakophonie in den elektronischen Medien beschleunigt hat. Die dominanten Kommunikationsmittel Handy und Internet bewirken die Aufhebung von Zeit und Raum. Berlin liegt nun in "Echtzeit" neben Taipeh. Und Taiwan schwimmt, dank Google von oben gesehen, wie ein wunderschoenes gruenes Blatt im Stillen Ozean. Angesichts der rasanten Entwicklung der Neuen Medien in dieser "Schoenen neuen Welt" 2 erscheinen uns Plakate als Relikte einer laengst vergessenen und vermeintlich besseren Zeit. Um so erstaunlicher ist es, dass das schon seit den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts mehrfach totgesagte Medium einen geheimen Siegeszug um den Globus angetreten hat. Internationale Plakat Biennalen und Wettbewerbe gibt es inzwischen wie Sand am Meer und entsprechend problematisch ist es fuer die Juries vor Ort die besten Plakate aus Tausenden von Einsendungen rauszufischen. Noch ueberraschender ist, dass die Popularitaet des Plakates besonders in Laendern zugenommen hat, die noch vor kurzem weder ueber Plakatsaeulen noch ueber die Tradition einer illegalen Plakatierung verfuegen – wenn man von den Wandzeitungen zu Zeiten der Kulturrevolution in China einmal absieht. Plakate, so muessen wir annehmen, haengen heute zweckentfremdet innen statt aussen oder aber in Briefmarkengroesse in so genannten "Web-Ausstellungen" im Internet.

Was sind nun die Gruende fuer dieses Phaenomen? Ein Plakat erfaehrt, wenn es vom Bildschirm befreit, endlich gedruckt ist, einen Bedeutungswandel. Wo auch immer aufgehaengt, wird es zu einer grossflaechigen Inszenierung, die den Betrachter in Bann zieht. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um ein "gutes" oder gar ein besonders "boeses" Plakat im Sinne eines "visuellen Kalauers" 3 handelt. Plakate kann man weder uebersehen noch weg klicken oder weg zappen. Dennoch sind sie woertlich genommen "voruebergehend" – das versoehnt! Es sei denn, sie werden, wie in diesem Katalog, fuer die Nachwelt dokumentiert.

Plakate sind Ausdruck von Kultur, ganz gleich, ob sie fuer "die Rettung der Eisbaeren" oder fuer "Eis am Stil" werben. Politische Plakate stellen gesellschaftliche Verhaeltnisse in Frage oder dienen der Propaganda. Auch jene Plakate, die "fuer einen guten Zweck", fuer die Ideale und Hoffnungen einer humaneren Welt eintreten, erschoepfen sich oftmals in Leerformeln. Viele Plakate dieser Art erheben einen kuenstlerischen Anspruch. Kunst ist jedoch nicht das, was ein Plakat ausmacht, sondern das, was es voran treibt.

Plakate sind Zeitzeichen. Beispielsweise sind gegenwaertig im Internet Plakate zum Thema Global Warming zu entdecken, die von Studierenden aus Taiwan gestaltet wurden. Abgesehen von ihrer handwerklichen Perfektion zeichnen sich die Arbeiten durch eine grosse Gestaltungsfreude aus. Ebenso ueberraschend ist die gestalterische Vielfalt. Nahezu alle zur Zeit international gueltigen Ausdrucksformen sind vertreten. Besonders erfreulich ist es jedoch, dass in einigen der Plakate die kulturelle Herkunft und Identitaet der Gestalter offenbar wird. Bekanntlich hat das "alte China" ja nicht nur das Papier erfunden und in Folge auch die ersten Geldscheine in Umlauf gebracht, sondern seit Jahrtausenden – wenn auch mit Unterbrechungen – eine einzigartige Kultur- und Geistesgeschichte gepflegt.

Vor diesem Hintergrund bietet die Ausstellung von jeweils sechs Plakatgestaltern aus Taiwan und Deutschland einen besonderen Reiz. Das Eigene und das Fremde treten in einen Dialog. Im Gegenueber werden viele Gemeinsamkeiten und hoffentlich auch das Trennende, das uns auf Grund unserer unterschiedlichen Kulturerfahrungen bestimmt, offensichtlich. Angesichts dieses grossflaechigen Gedankenaustauschs ist es eine Freude oder einfach "gut, dass sich unsere Plakate einmal getroffen haben!"

Im Namen der in Deutschland lebenden Teilnehmer moechte ich mich herzlich bei den Initiatoren der Ausstellung fuer die freundliche Einladung bedanken. Besonderer Dank gilt den Institutionen und Organisationen in Taipeh, die das plakative Gipfeltreffen ermoeglichen. Des weiteren muss Jianping He als Kurator des deutschen Beitrags der Ausstellung genannt und fuer seine Muehe und Arbeit bei der Kataloggestaltung gedankt werden. Viel Vergnuegen in Taipeh!

Uwe Loesch

1  9. Symphonie e-Moll op. 95 von Antonin Dvorak,1893
2  dystopischer Roman von Aldous Huxley, 1932
3  Flachwitz: Kalauer sind die Buchstaben A bis J, weil alle auf das K lauern.



Photo R. Wanner Photo R. Wanner
National Chiang Kai-shek Memorial Hall, Taipeh

 



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