The Odermatt and Tissi exhibition is at the Gewerbemuseum, opposite the main church in the city of Winterthur, in Switzerland. The video shows Sigi Odermatt and Rosmarie Tissi, sitting side by side awaiting the opening of the exhibition, then the Tissi posters, on one side of the exhibition hall, and then the Odermatt section on the other side, where I run into Bruno Monguzzi, who gets quite excited when he recognizes me. | Sigi Odermatt |
Rosmarie Tissi |
1983, Poster for a printing company ©Rosmarie Tissi |
1991, Dance Company Merce Cunningham ©Rosmarie Tissi |
1995, Poster for a series of summer concerts ©Rosmarie Tissi |
1959, Poster exhibition at the Kunstgewerbemuseum Zuerich ©Siegfried Odermatt |
1982, Dutch Design exhibition at the Kunstgewerbemuseum Zuerich ©Siegfried Odermatt |
1982, Swissair ©Siegfried Odermatt |
The exhibition was curated by Claudia Cattaneo (below right), and Elisabeth Grossmann (left) gave an introduction.
Wenn sich zwei zu einer Arbeits- und Ateliergemeinschaft zusammenschliessen, stellt sich unweigerlich die
Frage nach dem spezifischen Potential: Entwickeln sie eine gemeinsame visuelle Sprache? Welches sind
ihre je eigenen spezifischen Gestaltungsmittel? Wo liegen die Unterschiede? Symbolisch für die Arbeitsweise von Odermatt und Tissi steht die Ateliersituation an der Schipfe in Zürich: Quer zum Giebel durch-
stösst der gemeinsame Arbeitsraum die Dachlandschaft: Limmatseitig arbeitet Odermatt, dem Lindenhof
zugewandt Tissi, jeder für sich und gleichzeitig offen für gegenseitige Kritik und Anregung. Nur ausnahmsweise werden Aufträge gemeinsam ausgeführt. Sowohl Sigi Odermatt als auch Rosmarie Tissi verstehen
ihre Arbeit als integrale Einheit von Inhalt und Form, von Schrift und Bild. Die individuelle und künstlerische
Handschrift tritt dabei subtil in den Hintergrund, um sich umso mehr als Freiheit im Umgang mit Typografie,
mit Schriftbild, mit Rhythmus und farbigen Flächen zu manifestieren. Ihre grafische Sprache ist klar und
unverwechselbar, sachlich und einfallsreich, doch frei von puristischer Dogmatik und Schematismen, mit
denen heute die Schweizer Grafik der Nachkriegszeit gerne assoziiert wird.
Sigi Odermatt hat – als Autodidakt – seit den 1950er Jahren herausragende Arbeiten realisiert. Zusammen mit Karl Gerstner, Carlo Vivarelli und Josef Müller-Brockmann zählt er zu den Protagonisten der konstruktiven Richtung neuer Schweizer Grafik, dem so genannten Swiss Style, der sich am Bauhaus und am russi- schen Konstruktivismus orientierte und bis anfangs der 1960er Jahre auch die internationale Grafik beherrschte. Gearbeitet hat Odermatt zunächst als Volontär beim Künstler und Grafiker Hans Falk, anschliessend in einer Werbeagentur in Wädenswil; mit 24 Jahren macht er sich selbständig. Bereits 1952 zeigt Sigi Odermatt in einer seiner frühesten Arbeiten für die Firma City-Druck, wie bewusst er Typografie, Schriftbild und Fotografie einsetzt. So kombiniert er beispielsweise in einem Prospektblatt, welches das Linoldruckverfahren bewirbt, die moderne Technik der fotomechanischen Reproduktion mit der Technik des Linoldrucks. Sigi Odermatt arbeitet oft mit der Überlagerung von visuellen Elementen, hier mit der fotografischen Abbildung von Linolschnitt-Werkzeugen und den Lettern des Wortes Linol sowie mit einer 2 spannungsvollen Typografie. Klein gegen gross, schräg gegen horizontal, positiv gegen negativ ergeben ein bewegtes Zusammenspiel von Kontrasten. Die Karriere von Rosmarie Tissi ist ein Stück weit auch ein Kapitel Frauengeschichte: Tissi gehört zu einer Generation von Berufsfrauen, die sich erst einen Platz erobern musste. Nach dem Besuch des Vorkurses an der Kunstgewerbeschule Zürich beginnt sie eine Grafiklehre und setzt sie 1956 bei Sigi Odermatt fort, angeregt durch das Sonderheft Grafik der Zeitschrift Werk (11, 1955). Ihre erste wichtige Auftragsarbeit, ein Plakat für die Herbstschau in ihrer Heimatgemeinde Thayngen, ist von erstaunlicher Prägnanz: Mit reduzierten Mitteln, mit den Farben Rot-Schwarz-Weiss und der typografischen Betonung der beiden Daten, gelingt ihr eine optisch wirkungsvolle Arbeit, die Hans Neuburg 1958 in seine Klassifizierung "Die besten neuzeitlich gestalteten Schweizer Plakate 1931-1957" aufnimmt. Seit 1968 bilden Odermatt und Tissi als gleichberechtigte Partner eine eingetragene Ateliergemeinschaft, mit je eigenen Aufträgen. Zu ihrem Kundenkreis zählen Druckereien und Geschäfte, KMUs und Industrieunternehmen, beispielsweise Holderbank Zement, Mettler St. Gallen, BP oder BBC sowie die öffentliche Hand und Kulturinstitutionen. Die Aufträge sind umfassend: vom Firmenlogo bis zum Erscheinungsbild, vom Einzelinserat bis zur Werbekampagne. Einen besonderen Stellenwert nehmen in ihrem Schaffen die über 100 Plakate für mehrheitlich kulturelle Anlässe ein. An ihnen lässt sich besonders gut der kreative Arbeitsdialog nachvollziehen, der trotz einer gemeinsamen Sprache zu je eigenen Lösungen führt. Beide vertrauen auf die Reduktion. Ihr Ausgangspunkt ist die Leere, die sparsam mit Inhalten, mit Farbflächen, mit Bildzeichen und Typografie besetzt wird. Eine ihrer bevorzugten Vorgehensweisen ist die Montage mit Schere und Skalpell: Ausgeschnittene Satzblöcke und Satzzeilen oder weisse Aussparungen im Farbfeld vermitteln den Eindruck des Werkstattmässigen, Spontanen. Auch für einen geschulten Blick ist es oft nicht einfach, die Arbeiten dem einen oder der anderen zuzuordnen. Odermatts Entwürfe sind strenger, architektonischer. Sie zeugen von hoher konzeptioneller Kompetenz bei der Verbindung von Bild und Typografie. Die Prospekte für die Neuenburger Versicherungen (1960/61) sind visuelle Kommunikation par excellence, wenn das Wort Auto auf Crash- Konfrontation mit der Auto-Karrosserie geht. Spannung entsteht bei Odermatt unter anderem durch angeschnittene und gestürzte Typografie, Foto- und Bildelemente. Tissi wiederum liebt das Spiel mit dem Papier, mit dem Dreidimensionalen und mit Durchbrüchen. Daraus entwickelt sie nicht nur die Titelsatzschrift „Mindanao“ (1975), daraus entstehen auch Briefschaften und dreidimensionale Objekte wie Kalender oder Neujahrskarten. Ihre Spezialität sind die in höchster Präzision ausgeführten Handzeichnungen, die zum Signet reduzierten Objekte und Bildzeichen, so zum Beispiel in den Faltprospekten und Inseraten für das Schallplattengeschäft Gramm-Studio in Zürich (1958/59), für dessen Erscheinungsbild Odermatt verantwortlich ist, oder die ebenfalls von Hand ausgeführten grafischen Statistiken für das Magazin „Wirtschaftswoche“ (1982). Oder nehmen wir die Plakatserie der Serenadenkonzerte, zuerst von Odermatt (1981-1991), später von Tissi (1991-2003) ausgeführt. Die schwierige Aufgabe, plakative Fernwirkung zu erzielen und gleichzeitig das detaillierte Programm aufzulisten, lösen sie auf ihre je eigene Art: Odermatt thematisiert die Art der Konzerte (Alte Musik, Klassik, indische Musik). Dazu verwendet er zuerst die Reproduktion eines alten Holzinstrumentes, später verfremdet er den fotografischen Ausschnitt eines Saiteninstruments und macht ihn zum dominanten Blickfang, dem das kleinteilige Programm untergeordnet ist. Tissi hingegen übermittelt mehr die Stimmung. So thematisiert sie einmal die Sommernacht, dann wieder das Zusammenspiel der Instrumente oder den Klang und die Partitur. Beide arbeiten mit sparsamen Farbflächen und setzen das umfangreiche Programm gekonnt in den Leerraum. Nach über 50jähriger Tätigkeit als Grafik Designer hat sich Sigi Odermatt aus dem Arbeitsleben zurückgezogen. Seine Partnerin Rosmarie Tissi hingegen führt immer noch Aufträge aus, unterstützt durch den Computer, doch ohne die Schere und den Zeichenstift ganz weg zu legen. Introduction by Elisabeth Grossmann |